Oleska Gazeta Powiatowa
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     Ukraine - erkannter Nachbar im Osten ?
     1.

     Die im allgemeinem Umlauf gekündeten Informationen über die Gegenwart der Ukraine, stimmen nicht gerade enthusiastisch für eine Erkundungsreise in das östliche, flächenweite Nachbarland ein. Politische Unruhen, Mißlage der Wirtschaft, die gefährdete Staatsselbstständigkeit schrecken eher von solch einem Unternehmen ab. Dennoch hat sich eine Gruppe mutiger Rosenberger gefunden die sich für das Risiko der Reise ins Unbekannte entschieden hat. Es war die Initiative des Landrates und Kreisvorstandes von Rosenberg, die dazu gebracht hat, daß am Freitag, den 11 Mai 2001 frühmorgens 50 Bürger der Stadt u. Umgebung die Busreise Richtung Osten aufgenommen haben.
     Die Idee der näheren Kontaktaufnahme keimte schon einigen Monaten. Die Leitung des Verbandes Ekonomischer Schulen (ehem. Landwirtschaftschule) gastierte auf Einladung eine Gesang u. Tanzgruppe aus der Ukraine u. dies wurde zum Anlaß sich näher durch gegenseitige Besuche kennenzulernen. Aufgrund dessen delegierte Landrat Jan Kus eine Sondierungsgruppe mit seinem Stellvertreter Kryspin Nowak an der Spitze in dieses Gebiet u. Ortschaften die auch jetzt in der geplanten Marschroute vorgesehen sind. Auf Fragen der jetzigen Teilnehmer über Eindrücke u. Erkenntnisse der damaligen Exkursion kam uns unentwegt die einzige Antwort entgegen - man muß selbst die Reise zur Ukraine erleben, es ist ein sonderbares Abenteuer . Auch diese, scheinbar tückische Antwort, gab erst recht Anspor n das vermutete Erlebnis anzugehen. In mühsamer Kostenaufstellung hat der vom Landrat beauftragte Reiseleiter Norbert Hober die Fahrt, Unterkunft u. Verpflegungskosten auf 400,- Zloty per Person für 6 Reisetage kalkuliert. Selbstverständlich haben die teilnehmenden Personen von Kreisrat u. Kreisamt gemeinsam u. individuell die Kosten gedeckt.
     Die allerbeste Reisestimmung bei herrlichem Sonnenwetter bis zur Grenzstation, hat uns ein peinlicher Zwischenfall während der Passkontrolle von Seite ukrainischer Uniformierter verpfutscht. Der als Gast mit uns reisende Helmut Wloka, als deutscher Bürger mit deutschem Pass ausgetattet, konnte sich nicht mit dem pflichtigem Einreisevisum ausweisen. Diese Regelung den Deutschen gegenüber wurde unlängst eingeführt u. die Organisatoren der Reise waren sich dessen nicht bewußt . Die zwei Stunden dauernden Gespräche mit Leitern des Grenzüberganges, Telephonkontakte mit Diplomatenbehörden blieben ohne Ergebnis. Der vielen Reisenden gut bekannte Helmut tat uns unendlich Leid wie er seine Reiseausstattung aus den Gepäckschluchten des Busses rausziehen mußte, und allein am Grenzgebäude stehend, uns, den Grenzpassanten zum Abschied gute Reise zuwinkte. Wahre Niederlage für den Reisenlustigen, der speziell von Deutschland nach Rosenberg kam um das Ukraina - Abenteuer mit uns zu erleben.
     2.
     Nichts für Ungut. Die überlange Reisepause wegen dem Passärger haben wir gut genutzt. Schon selbst der Reiseverkehr am Grenzpunkt wurde zum eigenartigen Erlebnis. Zum größten Teil passierten die Grenze uralte, unglaublich desolate Autos vom Typ Wo³ga, Moskwicz, Zaporo¿ec, £ada. Die Fahrzeuge sind beiderseits unwahrscheinlich schwer mit Handelware bepackt, wobei die in Richtung Osten rollende Autos mit Gemüse u. schon ganz besonders mit Zwiebeln in großen Mengen beladen sind. Die Grenzbeamten schauen dem Fahrzeugstrom träge u. passiv zu. Interesse wird nur den Dokumenten gezeigt.
     Wir kamen in das unbekannte Land. Mich als Landwirt interessierte hauptsächlich die vorbeiziehende Agrarlandschaft. Von Ort zu Ort sind es lange in viele zehn Kilometer sich ziehende Strecken, beiderseits mit riesengroßen Brachflächen gezeichnet, die sich den Jahren nach in wilde, mit Quecke u. Sträucher verwachsene Weiden verwandelt haben. Hin u. wieder ist vereinzelt oder in kleinen Herden Vieh, auch charakteristisch klein gewachsene Milchkühe zu sehen. Die organisatorischen Eigentümlichkeiten u. Merkmale der ukrainischen Landwirtschaft blieben für diejenigen unserer Reisegruppe, die sich für den lebenswichtigen Zweig der Wirtschaft interessierten, bis zuletzt des Aufenthaltes ein ungelöstes Rätsel. Im Besuchsprogramm konnte nicht erlangt werden, sich mit Fachleuten dieser Brange über die angeblich aufgenommene, für uns jedoch keinesfalls sichtbare Umstrukturierung der Landwirtschaft zu unterhalten. Dieses organisatorische Versäumnis wurde von den Interessierten als wesentliche Beeinträchtigung im Ergebnis der Studienreise befunden. Die während der Fahrten u. Rastzeiten wahrgenommenen Erkenntnisse können sich folgend definieren lassen. Die winzig kleinen, schätzungsweise bis zu 0,50 Ha bebauten Ackerflächen von bester Bodenqualität, in unmittelbarer Nähe von Landessiedlungen, sind die ehemaligen Familienparzellen der Kolchosenmitglieder. Wie wir irgendwie nebensächlich erfahren konnten, läßt die gegenwärtige Gesetzgebung der Ukraine weiterhin nicht zu , Ackerboden zu erwerben, Eigentümer u. verwaltungsbefugter Disponent ist einzig der Staat und basta in diesem Problem. Im Pachtverfahren kann man jetzt dem Familienanwesen zusätzliche Flächen anreihen. Diese juristisch zugelassene Möglichkeit ist praktisch jedoch nicht zu verwirklichen.
     Nach 70 Jahren Kolchosenwirtschaft gibt es keine Bauernklasse im Landesgebiet mehr, die Interesse für selbststänges wirtschaften hätte. Das einrichten existenzfähiger Höfe benötigt Kapital u. dies ist privat u. im Banksystem nicht vorhanden. Üblich sieht man an den Straßenzügen Gespanne mit einem, selten zwei Pferde die an kleinen Flächen mit primitiven Geräten die Feldbestellung verrichten. In einem Fall konnte ich die bei uns vor ca. 30 Jahren vertraute Ansicht bemerken. Ein Traktor war beim ackern an kleinem Feldstreifen. Nebenan am Weg standen einige Leute die eifrig gestikulierend, miteinander im Gespräch waren. Ohne Zweifel war es ein Traktor mit Agrardienste bei den "Gartenbauern". Anfang Mai ist die Zeit wo Eile bei Feldbestellung geboten ist u. deswegen die nebenan in der Schlange auf den Trecker wartenden Dörfler. Die Szene wie lebendig aus den Zeiten unserer Bauerngenossenschaften.
     3.
Die wegen dem Grenzärger enstandene 5 stundige Verpätung bei der Ankunft zum ersten Quartier hat der Chefin und Mannschaft des Militär - Sanatorium im Waldkomplex bei Lwów zu schaffen gemacht. Wegen ausgefallener Handyverbindung konnte die Ankunftzeit nicht signalisiert werden. Das Abendessen fûr 50 Personen war die Stunden lang vielmals bis 1oo Uhr nachts nachgewärmt, warmes Wasser in Waschräumen konnte nicht mehr geliefert werden. Die Unterkünfte waren während der Reisetage ein sonderbares Kapitel fûr sich selbst. Die Quartiere sollten in der Kostenaufstellung billig ausfallen. Mit dieser Kalkulation haben wir uns doch stark verrechnet.
     Schwer, fast unerträglich haben uns diese Preisersparnisse betroffen. Die uns angebotenen Übernachtungsbedingungen wären in unseren Verhältnissen unvorstellbar. Ohne jeglichem Gesundheitsschaden haben wir diese Probe allerdings doch bestanden.
     Im reichhaltigem, sehr gedrängtem Aufenthaltprogramm sind uns unvergessliche Erlebnisse u. Erkenntnisse zugekommen. Die besuchten Friedhofkomplexe- £yczakowski u. Orl¹t Lwowskich gaben überzeugende Einsicht in die ruhmreiche polnische, österreichische u. ukrainische Gesichte von Lwów. In der allgemein verarmt wirkenden Stadt, ist das Gebäudekomplex der Oper nach der gründlichen Restauration mit Hilfsgelder der Auslandpolen zum bewunderndem Stadtjuwel geworden. Schon am ersten Ausflugstag haben die Rosenberger dort eine wunderbare , auf höchstem Künstlerniveau stehende Ballettvorführung erlebt.
     Überall, besonders jedoch in Lwów war unser Bus an Haltestellen von dort lebenden Polen umringt . Wir haben wahrnehmen müssen in welch tiefer Not das Leben und die Existenz der Menschen in der Ukraine derzeit verläuft. Erschreckend hoch ist die Arbeitslosigkeit. Ein, die Erwerbslosen absicherndes Sozialsystem existiert fast nicht. Das Durchschnitteinkommen in Rentenbetrag und auch Angestelltengehalt ist in der Kaufkraft 1|3 des unseren Bürgern zur Verfûgung stehenden Lebensunterhaltes. Das sichtbar notleidende Volk der von Natur aus reichen Ukraine, hat uns während dieser Tage Leid getan.
      In allen Gesprächen die wir mit Einheimischen geführt haben, während zahlreich offiziell arrangierten Treffen mit Bürgern u. Behördenvertreter kam immerwährend der Stolz über die errungene nationale und staatliche Selbstständigkeit zur Geltung. Das Bewusstsein der politischen Unabhängigkeit mildert die alltäglichen, lästigen Lebensbedingungen des Volkes. Patriotische Beweggrûnde sind das Leitmotiv der Bemûhungen in Richtung wirtschaftlicher Selbstständigkeit. Hier hat das Land u. sein Volk einen stolprigen und weiten Weg vor sich.
     4.
     Für Sonntag, den 13 Mai, den zweiten Tag der Reise sind wir zur großangelegten Feier in der weit von Lwów entfernten Kreisstadt Ko³omyja eingeladen. Die Stadt hat im Vergleich bereits erkannter Verhältnisse in der Ukraine, auf uns einen überaus positiven Eindruck gemacht. An sorgfältig erhaltenen Straßenzügen stehen Häuserreihen mit buntfarbig erneuten Fassaden. Sonntagsvormittag machen viele feierlich gekleidete Bewohner familiär den Kirchgang. Wahrliches Bild unserer Kleinstädte. Nach 70 Jahren diktatorischer Atheismus-Herrschaft ist es einem Phänomen gleich, daß das ukrainische Volk in der Masse sich spontan und fromm dem Glauben zugewandt hat. Auf jeden Schritt unserer Reise haben wir uns darüber überzeugen können. Die Behörde der Stadt Ko³omyja hat uns ein sonderbar verlebtes Sonntagsprogramm angeboten. Die hiesige Musikschule feierte das 80 jährige Bestehen. Im großen Saal des Kreiskulturhauses konnten wir als Ehrengäste ein überaus reichhaltiges, auf hohen Künstlerniveau vorgeführtes Musik und Folkloreprogramm miterleben. Täglich konnten wir uns während der Reise über die musikalische Prägung des ukrainischen Volkes überzeugen. Die 5 Stunden dauernde, im bunt heiteren Musikstil geführte Jubiläumsfeier hat uns keineswegs müde getan. Sowohl während der Veranstaltung, wie auch dem danach folgendem Bankett, haben die Landräte von Ko³omyja und Rosenberg Grußreden gehalten. Beide Seiten konnten die Gelegenheit nutzen, sich gegenseitig über das Leben der Menschen hier und da, über Probleme der Gegenwart zu informieren. Das Beisammensein hatte überaus freundschaftlichen Ausdruck, lebhafte Gespräche, individuell und in kleinen Gruppen, das anmutige Tanzvergnügen, dem ukrainischen Brauch nach mit stärkeren Getränken bereichert, hat uns während des Abends ganz nahe zueinander gebracht.
     Die riesenweite Ukraine in hunderten Kilometern von uns bereist, hat landschaftlich verschiedene Gegenden. Wir sind an unermäßlich großen, zumeist brach liegenden, wie gesagt, landwirtschaftlichen Flächen vorbeigekommen, bezaubert haben uns schneebedeckte Berggipfel in den Ostkarpaten und in voller Blüte stehende Obstplantagen in den Tälern. Im Gebiet der altpolnischen Bezirkstadt Stanis³awów kamen wir auch an bedeutenden, gut bewirtschafteten Agrarflächen vorbei. Auf der Rückreise, nahe der Grenze zur Slovakei sind intensiv bebaute Weinberge in Sicht. Dort auch entwickelt sich individuell und genossenschaftlich der Auban von Frühgemüse und Heilkräutern. Die Ortschaften und Wohnsiedlungen dürfte man schon selbst im vorbeifahren als wohlhabendes Gebiet bezeichnen.
     Trotz von Zuhause mitgenommener Vorbehalte , trotz zumeist schwer erträglicher Unterkunftsbedingungen, äußerst schlechten Straßenflächen u. u. u. , ist die Reise zum östlichen Nachbarn ein unvergessliches, tief beeindruckendes und doch positives Erlebnis gewesen. Der zukunftsorientierte Optimismus, die offene gastfreundliche Lebensweise aller angetroffenen Ukrainer sind bester Ansatz, um sich unserem östlichen Nachbar mit Vorschlägen konkreter Kontaktaufnahme im kulturellen, wirtschaftlichen und gewöhnlich menschlichem Bereich zuzuwenden . In Zukunft wird das Näherkommen beiderseits zum großen Nutzen.

     Bernard Kus [OGP32-35]